
Lieb du mich. Ich tu´s nicht.
Jeder Streit ist ein Machtkampf darüber, wer zuerst die Bedürfnisse des anderen erfüllt. Es geht um eine Emotion, die keiner haben will. Deshalb werfen wir sie hin und her wie eine heiße Kartoffel und finden immer mehr Argumente, warum wir recht haben und die anderen nicht. Wenn eine Person, mit der du im Konflikt bist, bereits deine Argumente runterbeten kann und du ihre, dann wisst ihr: Eine neue Idee muss her.
Ihr habt mehrere Auswege. Einer ist: Finde ein Argument der „Gegenpartei“, bei dem du es schaffst zu sagen: Ok. Du hast recht. Ich verhalte mich wirklich manchmal so und so. Tut mir leid. Punkt. Kein „Aber du!“ nachschieben, nichts Großes erwarten. Einfach für diesen Punkt Verantwortung übernehmen und um Verzeihung bitten. Das eröffnet einen neuen Spielraum.
Eine andere Möglichkeit ist, deine Aufmerksamkeit vom Konflikt weg zur Verbindung mit der anderen Person zu lenken (zugegeben, das klappt nicht so leicht, wenn man sich gerade anschreit). Es gibt eine Verbindung – und wenn sie nur darin besteht, dass ihr beide Menschen seid. Wenn du das gar nicht hinkriegst, stell dir die andere Person als zweijähriges Kind vor. Kannst du jetzt Mitgefühl empfinden? Das wäre super, denn dann kannst du gleich auch mit dir selbst mitfühlen und dir klarmachen, wie sehr dich der Streit anstrengt. Das erhöht die Motivation, Verantwortung zu übernehmen und ihn zu beenden.
Ein weiterer Ausweg ist, dir das Bedürfnis klarzumachen, wegen dem du streitest. Was willst du von der anderen Person bekommen? Was brauchst du, das scheinbar nur sie dir geben kann? Frieden, klar. Aber was noch? Selbstwert? Ganz sicher. Und vielleicht noch vieles mehr.
Wie wäre es, wenn du mit dem Selbstwert anfängst. Denn rate mal, wer dir am zuverlässigsten Selbstwert geben kann. Wer am besten deine Erfolge feiern, deine Beiträge wertschätzen, dich lieben kann. Das bist du. Wenn du jetzt abwinkst, dann lass dir von mir den Arm um die Schultern legen und wir schauen gemeinsam nochmal hin. Die meisten von uns behandeln sich selbst so, dass man sagen muss: Wer braucht da noch Feinde! Das läuft allerdings darauf raus, dass wir unserem Gegenüber, ob Partner:in, Vorgesetzte:r, Kinder, sagen: Lieb du mich, ich tu´s nicht!
Merkst du selber, dass das kein erfolgversprechendes Angebot ist. Und dass wir uns so in einer Weise voneinander abhängig machen, die zum Streit führen muss. Hab Erbarmen mit dir. Stell dir vor, du bist selbst zwei Jahre alt. Nimm dieses Kind auf den Arm und tröste es. Wenn du Selbstmitleid spürst, dann fühl es richtig, bis es sich auflöst. Sei für dich da. Ein großer Teil des Streits erledigt sich so von selbst.